Selbstständige arbeiten komplett eigenverantwortlich. Sie teilen sich ihre Zeit eigenständig ein. Sie entscheiden, ob sie einen Auftrag annehmen oder es sich leisten können, ihn abzulehnen. Und: Selbstständige sind nicht dazu verpflichtet, in die gesetzliche Sozialversicherung einzuzahlen. Neben der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zählt hierzu auch der Zweig der Arbeitslosenversicherung. Sind Sie selbstständig und arbeitslos, erhalten Sie entsprechend aber auch kein Arbeitslosengeld.
Anspruch auf Arbeitslosengeld
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis nachgehen, gelten als arbeitslos und haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I). Zu diesen Voraussetzungen zählen im Wesentlichen
- der Nachweis der Anwartschaftszeit (d. h., dass sie in den 30 Monaten vor Meldung ihrer Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt waren).
- dass sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und arbeitssuchend gemeldet haben.
- dass sie mindestens 15 Stunden pro Woche einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen oder nachgehen können.
Rechtliche Grundlagen für das Arbeitslosengeld sind im Wesentlichen diese Paragraphen im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzahlen
Eine gute Möglichkeit für Selbstständige, um Zeiten ohne Aufträge und Einkommen zu überbrücken, ist es, Rücklagen zu bilden. Oftmals reichen die Einnahmen allerdings nicht aus, um entsprechend vorzusorgen. Hier ist die freiwillige gesetzliche Arbeitslosenversicherung häufig eine gute Alternative.
Wann sind Selbstständige arbeitslos?
Beträgt die Arbeitszeit weniger als 15 Stunden die Woche, schließt die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit die Beschäftigungslosigkeit nicht aus. Gemäß § 138 Abs. 3 SGB III sind Sie selbstständig und arbeitslos, wenn Ihre Arbeitszeit weniger als 15 Stunden wöchentlich beträgt.
Anspruch auf Arbeitslosengeld
Voraussetzung, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben, ist, dass Selbstständige freiwillig in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung einzahlen und die entsprechende Anwartschaftszeit nachweisen können. Alternativ kann auch ein Anspruch aus einer vorherigen Beschäftigung geltend gemacht werden, wenn Sie mit Ihrer Selbstständigkeit scheitern.
Wie hoch ist der Beitragssatz?
Der Beitragssatz zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung aktuell bei 2,4 Prozent. Auf Basis der Bezugsgrößen von 3.185 € (West) und 3.010 € (Ost) ergibt sich daraus ab dem Jahr 2020 ein monatlicher Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige von 76,44 € bzw. 72,24 €, der direkt an die Agentur für Arbeit gezahlt wird. Gründer:innen zahlen im Gründungsjahr sowie dem folgenden Kalenderjahr nur die Hälfte der Beiträge. Im Jahr 2023 soll der Beitrag allerdings von 2,4 Prozent auf 2,6 Prozent steigen.
ALG I und ALG II
Antrag auf freiwillige Versicherung
Wer sich selbstständig macht, ist trotz aller Euphorie und dem Glauben an den eigenen Erfolg gut beraten, sich rechtzeitig mit der Möglichkeit des Scheiterns auseinanderzusetzen. Sie müssen den Antrag auf das freiwillige Versicherungsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme Ihrer selbstständigen Tätigkeit stellen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Antragstellung nicht mehr möglich. Sie können den Antrag entweder online oder bei der zuständigen Agentur für Arbeit abgeben. Als Nachweis, dass Sie tatsächlich einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen, dient beispielsweise ein Gewerbeschein. Zudem müssen Sie nachweisen, dass Ihre wöchentliche Arbeitszeit als Selbstständige:r mehr als 15 Stunden beträgt.
Rechte und Pflichten in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung
Selbstständige, die Arbeitslosengeld beziehen, haben das Recht, ihre selbstständige Tätigkeit weiterhin für 15 Stunden pro Woche fortzuführen. Einnahmen in Höhe bis zu 165 € pro Monat werden dabei nicht auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung angerechnet. Das bedeutet, Sie müssen Ihre Selbstständigkeit nicht zwingend aufgeben und können das Arbeitslosengeld auch nutzen, um eine Auftragsflaute zu überbrücken.
Gleichzeitig sind Sie dazu verpflichtet, sich aktiv um neue Kundschaft sowie Aufträge zu bemühen, um selbst wieder aus der Beschäftigungslosigkeit herauszukommen. Alternativ können Sie sich auch auf Jobs im Angestelltenverhältnis bewerben. Darüber hinaus verpflichten Sie sich dazu, dem Arbeitsmarkt während des Bezugs des Arbeitslosengeldes zur Verfügung stehen und zumutbare Jobs, die die Arbeitsagentur Ihnen vermittelt, anzunehmen.
Höhe des Arbeitslosengeldes für Selbstständige
Arbeitslos und selbstständig: Ihr Start in die Selbstständigkeit
Kündigen Sie selbst Ihr Angestelltenverhältnis, um sich selbstständig zu machen, gelten Sie zwar als arbeitslos, müssen aber damit rechnen, dass die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von bis zu drei Monaten verhängt. Das bedeutet, Sie bekommen, obwohl Sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen und Antrag auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung gestellt haben, zunächst kein Arbeitslosengeld. Trotzdem melden Sie sich umgehend arbeitslos. Nach Ablauf der Sperrfrist steht Ihnen das Arbeitslosengeld zu – solange Sie Ihre Selbstständigkeit nicht mehr als 15 Stunden pro Woche ausüben. Gerade zu Beginn Ihrer Selbstständigkeit, wenn Sie gerade erst anfangen, Kunden sowie Aufträge zu akquirieren, verleiht Ihnen das ALG I finanzielle Sicherheit. Zudem erhalten Sie unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit finanzielle Unterstützung für den Start ins eigene Business.
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Selbstständig und arbeitslos: Was passiert mit dem Versicherungsschutz?
Selbstständige unterliegen nicht der Sozialversicherungspflicht. Sie tragen die alleinige Verantwortung für ihre soziale Absicherung im Falle einer Arbeitslosigkeit, aber auch im Fall von Krankheit und Unfall oder zur Sicherung ihrer Altersvorsorge. Dabei haben sie die Wahl, sich freiwillig gesetzlich zu versichern oder eine private Kranken- oder Rentenversicherung abzuschließen. Ob es sich lohnt, sich freiwillig gesetzlich versichern zu lassen oder ob Selbstständige mit einer privaten Kranken- und Rentenversicherung besser abgesichert sind, hängt immer vom Einzelfall ab.
ALG I: Versicherungsschutz bei Arbeitslosigkeit
Haben Selbstständige Anspruch auf Arbeitslosengeld, übernimmt die Agentur für Arbeit die Zahlung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie Beiträge für die Rentenversicherung.
Krankenversicherung
Krankenversicherung
Haben Sie sich als Selbstständige:r für die private Absicherung entschieden, müssen Sie in der Regel in die gesetzliche Versicherung zurück, damit Ihre Beiträge übernommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie sich aber auch von der Pflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung zu wechseln, befreien lassen: Waren Sie vor Ihrer Arbeitslosigkeit mindestens fünf Jahre durchgehend privat krankenversichert, erhalten Sie einen Zuschuss, dessen Höhe sich an den Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung bemisst. Den restlichen Beitrag zahlen Sie selbst.
55 Jahre und älter
Rentenversicherung
Rentenversicherung
Wer Arbeitslosengeld I bezieht, ist automatisch in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Die Beiträge übernimmt die Agentur für Arbeit. Wer eine private Rentenversicherung abgeschlossen hat, kann diese für die Zeit der Arbeitslosigkeit ruhend stellen. So können Sie finanzielle Verluste vermeiden, die bei der vorzeitigen Auflösung der privaten Rentenversicherung entstehen würden.
Versicherung in der Künstlersozialkasse
Versicherung in der Künstlersozialkasse
Selbstständige und Freiberufler:innen, die über die Künstlersozialkasse (KSK) versichert sind und sich während des Bezugs von Arbeitslosengeld nicht bei der KSK abmelden, zahlen Rentenversicherungsbeiträge für Honorare, die regelmäßig 325 € im Monat übersteigen. Von der Pflicht, Krankenversicherungsbeiträge an die KSK zu zahlen, bleiben sie befreit.
Selbstständig und arbeitslos: Wie sorgen Sie für volle Auftragsbücher?
Unabhängig davon, ob Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, können Sie die Vermittlungsleistungen der Agentur für Arbeit in Anspruch nehmen.
Bilden Sie sich weiter
So können Sie beispielsweise zur Überbrückung von Auftragsflauten über die Arbeitsvermittlung einen Job im Angestelltenverhältnis finden. Alternativ können Sie vom Weiterbildungsangebot in Form eines Bildungsgutscheins profitieren, um Ihre Fähigkeiten auszubauen und damit Ihre Chancen auf lukrative Aufträge zu erhöhen.
Neukundenakquise
Selbstständige, die Arbeitslosengeld beziehen, sind verpflichtet, sich aktiv um neue Kundschaft und Aufträge zu bemühen. Selbstständige Unternehmer:innen wissen natürlich, dass die Kundenakquise eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Business ist. Hierzu zählen alle strategischen Maßnahmen, die der Kundengewinnung dienen:
- die direkte Ansprache im persönlichen Verkaufsgespräch oder am Telefon
- die indirekte Ansprache per Post, SMS, E-Mail-Marketing oder Newsletter-Versand
- Ihre eigene Unternehmenswebsite
- Messen und Kundenveranstaltungen
LinkedIn und Google für die Akquise nutzen
LinkedIn und Google für die Akquise nutzen
Weitere gute Möglichkeiten, neue Kunden zu finden, bieten Plattformen wie LinkedIn oder Google.
LinkedIn ist mit 230 Millionen aktiven Mitgliedern aus 200 Ländern das beste Netzwerk für Berufstätige. Hier können Sie nicht nur interessante Kontakte knüpfen, sondern Ihr Netzwerk einsetzen, um im B2B-Bereich neue Kunden zu finden und Aufträge an Land zu ziehen.
Auf der Suche nach Neukunden im B2C-Bereich ist Google als weltweit meist genutzte Suchmaschine ein echtes Zugpferd: Hier suchen Nutzer nach Anbietern für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen. Und genau hier finden sie Sie, wenn Sie die Spielregeln der Suchmaschine beherrschen.
Freelancer-Plattformen
Freelancer-Plattformen
Freelancer-Plattformen wie fiverr, twago, projektwerk oder upwork bringen Auftraggeber:innen und Auftragnehmer:innen zusammen. Hier können Sie langfristige Kundenbeziehungen aufbauen oder kurzfristig freie Kapazitäten anbieten. Eine gute Übersicht inklusive einer kurzen Beschreibung der Plattformen für Freelancer finden Sie beispielsweise auf der Website von Freelance Start. Alternativ bieten auch klassische Jobportale Jobs für Freelancer an. So hat sich beispielsweise der Personaldienstleister Gulp auf die Vermittlung freier Mitarbeitenden spezialisiert.
Ganz gleich, was die Zukunft für Sie bringt: Wir wünschen Ihnen alles Gute!
Qonto, das digitale Geschäftskonto für Selbstständige.